Trauerweg auf dem Nordfriedhof

  1. Entwurzelung

Der Verlust eines geliebten Menschen stellt das gesamte Leben der Zurückgebliebenen auf den Kopf. Nichts ist mehr, wie es einmal war. Und es wird auch nie mehr, wie es einmal war. Das Leben ist aus dem Gleichgewicht geraten. Das Gefühl von Haltlosigkeit und das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren, macht sich breit. Alles das, was einander verbunden hat, ist schlagartig abgerissen, wie der Baum, der samt Wurzelwerk aus dem Boden gerissen wurde. Sämtliche Lebens- beziehungsweise Verbindungsadern sind durchtrennt. Der so wichtige und geliebte Resonanzkörper ist unwiederbringlich verloren gegangen.

  1. Die Tafel der Emotionen

Bei einem schmerzlichen Verlust bricht über den trauernden Menschen ein regelrechtes Gefühlschaos herein. Neben dem kaum auszuhaltenden Schmerz, dem Nicht-Wahrhaben-Wollen, treten vielerlei Gefühle auf: Das Gefühl der Ohnmacht: machtlos der Situation ausgeliefert zu sein. Das Gefühl der Wut: Wut darüber, allein gelassen worden sein, möglicherweise auch Wut darüber, dass der geliebte Mensch nicht besser auf sich aufgepasst hat. Das Gefühl der Einsamkeit, halt- und schutzlos zu sein, einhergehend mit dem starken Vermissen. Das Gefühl, komplett aus dem Gleichgewicht geraten zu sein. Auch Schuldgefühle sind quälende Begleiter in dem Gefühlschaos. Nicht selten zeigt sich der Wunsch, dem Verstorbenen nachzufolgen, der sogenannte Nachsterbewunsch.

Dieses Gefühlschaos ist gerade am Anfang eines Verlustes für trauernde Menschen schwer auszuhalten und kostet sie viel emotionale Kraft.

  1. Das Windspiel mit gebrochenem Glas

Die Gestänge sind der Rahmen unseres Lebens, der Anfang und das Ende. Dazwischen die farbenfrohen Glaskörper. Sie sollen zeigen, dass das Leben bunt und schön sein kann. Die Form dieser Glaskörper ist bewusst willkürlich und kantig gewählt. Es soll verdeutlichen, dass bei einem schmerzlichen Verlust das bunte Ganze in viele Einzelteile zerbricht. Einzelteile, die zuvor ineinandergepasst haben und dadurch ein harmonisches Ganzes, ein Wir ergeben haben. Sie wirken jetzt wie Puzzleteile, die egal wie sie der trauernde Mensch auch drehen mag, nie mehr ineinanderpassen, nie mehr das harmonische bunte Ganze ergeben werden. Was einmal ein farbenfroher und glatter Bestandteil des Lebens war, ist nun zerbrochen, und unwiederbringlich kaputt.

Der Blick ist durch den Verlust eingetrübt und fokussiert sich nur auf das Zerbrochene, sieht nur das, was war und das, was nie mehr sein wird. Es wird viel Zeit und emotionale Kraft kosten, den Blick wieder dem Bunten zuwenden zu können. Den vielleicht dankbaren Blick auf das Schöne zu richten, was war und was in der Erinnerung weiterleben wird. Den „Scherben“ einen neuen Platz zu geben ist eine wesentliche Herausforderung für jeden trauernden Menschen.

  1. Ort der Ruhe

Um dem heftigen Schmerz eines Verlustes auszuweichen, ihn nicht zu zulassen und nicht aushalten zu müssen stürzen sich trauernde Menschen nicht selten in die Arbeit, suchen sich Aufgaben in Ehrenämtern, sie treiben deutlich mehr Sport als vor dem Verlust oder tun ähnliche Dinge, die ein Innehalten, ein Auseinandersetzen mit sich und der Situation verhindern und das bis zur physischen Erschöpfung.

Die Himmelsliege soll zum Innehalten einladen. Sie ist das Symbol dafür – sich die nötige Zeit für sich zu nehmen. Wenn ich mich auf die Liege lege, kann ich unverstellt zum Himmel blicken, kann in Kontakt treten mit dem geliebten Menschen und hier kann ich versuchen aus dem „Hamsterrad“ des ständig um sich selbst Drehens auszubrechen. Die Liege bietet mir die Möglichkeit Ruhe zu finden und Kraft zu tanken - Die Liege ist hart, hart wie das Verlusterlebnis, das es zu verstehen und anzunehmen gilt. Sie ist breit, symbolisiert somit den Platz für die „Gemeinschaft“, die es braucht, um den schmerzhaften Prozess gehen zu können. Sie ist wellenförmig aufgebaut und symbolisiert so den in Wellen verlaufenden Trauerprozess.

  1. Fluss der Erinnerungen

Erinnerungen sind wie Edelsteine, groß, klein, bunt, matt, hell, dunkel, manche glänzen, es gibt runde, glatte, aber auch scharfkantige Edelsteine mit Bruchstücken. Sie zeigen Vielfalt und Schönheit. Das gemeinsame Leben ist zu Ende, was bleibt sind Erinnerungen, wie Edelsteine, die in der Trauer Halt geben. Es geht darum, nicht in der Erinnerung zu leben, sondern sich an dieses gemeinsame Leben zu erinnern und diese Erinnerungen in das neue Leben zu integrieren. Erinnerungen sind wertvoll wie Edelsteine.

  1. Der Regenbogen

Der Regenbogen steht für den Anfang und das Ende. Er stellt eine Verbindung vom Gewesenen zu dem, was kommen kann, dar. Genau wie die unvorhersehbaren und unplanbaren Herausforderungen, die uns das Leben stellt, erscheint er irgendwann und irgendwo. Niemand vermag ihn genau vorherzusagen, und niemand weiß, wie lange er bleibt. Auf den Trauerprozess bezogen bedeutet das, dass niemand weiß oder vorhersagen kann, wie lange der Trauerprozess andauern wird. Die unterschiedliche Intensität der Regenbogenfarben kann ein Ausdruck der Stärke der Gefühle, die uns in der Trauer begegnen, sein. Der Regenbogen symbolisiert Hoffnung. Er kann mit seinen bunten, leuchtenden Farben die Dunkelheit der Trauer, zumindest für einen kurzen Augenblick vertreiben. Und er macht Mut, in die Zukunft zu blicken und darauf zu vertrauen, dass das Leben wieder hell und farbenfroh werden kann. Er stellt eine Verbindung zwischen Himmel und Erde, zwischen den Zurückgebliebenen und den Verstorbenen dar, macht er dadurch doch die gespürte Verbundenheit deutlich.

  1. Friede & Freiheit

Die Taube, die Seele aus hellem Marmor symbolisiert die Hoffnung, die Versöhnung und den Aufbruch in ein neues, anderes Leben. Die Ausrichtung der Taube auf der Säule wird so sein, dass die Blickrichtung zum Ausgang des Friedhofs ist. Das soll die Hoffnung stärken, darauf vertrauen zu dürfen, dass es ein neues, ein anderes Leben geben kann. Ein Leben, das die Fähigkeit wiederentdeckt, Farbe zu sehen und sie zulassen zu können. Die Hoffnung und das Vertrauen darauf, eines Tages einen Frieden mit dem, was geschehen ist, zu finden.

  1. Baum des Lebens

Der Baum als Symbol des Lebens – Verbindung zwischen Himmel und Erde. Dieser Baum hat in den mehr als 100 Jahren allen Widrigkeiten Stand gehalten, er ist gewachsen und hat sich zu dem entwickelt, wie er heute dasteht. Seine Jahresringe erzählen ebenso von Dürre wie von Überfluss. Jahr um Jahr wächst er weiter und seine Äste verzweigen sich. Auch der Trauernde „wächst“, Jahr um Jahr versteht er mehr oder weniger so manchen Zusammenhang. „Wo stehe ich heute, was ist mir wichtig? Was trägt mich? Womit bin ich verwurzelt?“ „Was gibt mir Halt?“

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